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Die meisten gehörlosen Menschen haben in der Arbeitswelt erhebliche Kommunikationsprobleme. Das beschränkt oft ihre berufliche Teilhabe. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) fördert deshalb seit Jahrzehnten die Unterstützung der beruflichen Kommunikation gehörloser Menschen. Aktuell werden immer mehr beruflich relevante Fachgebärden als digitale Präsentationen im Auftrag des BMAS ins Netz gestellt.

Arbeitgeber können also gehörlose Menschen beruflich immer qualifizierter einsetzen

Markus Halle

Stellvertretender Schwerbehindertenvertreter bei Airbus Operations GmbH Hamburg, koordiniert die Sammlung von Fachgebärden der Luftfahrtindustrie. Einer der wenigen gehörlosen Schwerbehindertenvertreter in Deutschland.

Thomas Heinemann

Langjähriger Schwerbehindertenvertreter bei Airbus Hamburg. Von ihm ging die Initiative für die Fachgebärdensammlung „Luftfahrtindustrie“ aus.

Professor Dr. Sabine Fries

Hochschule Landshut, ist die erste deutsche gehörlose Professorin – Mitglied der Projektleitung.

Christiane Harms

Geschäftsführerin Malt | Harms GmbH Fachdienst für berufliche Integration Bremen. Mitglied der Gesamtprojektleitung.

Dr. Guido Gryczan

Geschäftsführer Workplace Solutions WPS GmbH. Seit 2010 arbeitet er an Informatikthemen zur Digitalen Unterstützung der Deutschen Gebärdensprache.

Auch komplexe und anspruchsvolle berufliche Fachsprachen können heute schon für viele Berufe umfassend in Deutsche Gebärdensprache übersetzt werden.

Gebärdensprachdolmetscher:innen steht mit diesen beruflichen Fachgebärdenlexika ein schneller Zugriff auch auf sehr spezielle Fachgebärden jederzeit kostenlos zur Verfügung. So ist zum Beispiel das Fachvokabular der Informationstechnologie und Datenverarbeitung inzwischen sehr gut unter sign2mint.de/entries;fachgebiet=Informatik mit derzeit 639 Fachgebärdenvideos dokumentiert:

Gebärdensprachvideo und zugehörige Gebärdenschrift für den Begriff „Datensatz“, vorgestellt von unserer gehörlosen IT-Fachkraft Uta Meissner

Was können digitale Fachgebärdenlexika heute schon leisten?

Digitale Fachgebärdenlexika gibt es weltweit schon einige Jahre – auch in Deutschland z. B. das Fachgebärdenlexikon der Berufsbildungswerke mit etwa 1400 beruflichen Fachgebärden für 10 handwerkliche Berufsfelder.

Die neueren Projekte des Ausgleichsfonds setzen jedoch modernere und leistungsstärkere Software ein, die von dem Hamburger Softwarehaus WPS in den letzten Jahren entwickelt wurde. Seit April 2022 steht auf dieser technischen Basis das weltweit umfassendste naturwissenschaftliche Fachgebärdenlexikon Sign2MINT mit 5263 Fachgebärden zur Verfügung.

Dieses digitale Lexikon ist nicht nur für Ausbildung und Beruf gehörloser Menschen im akademischen Bereich relevant. Die dort nachgewiesenen Fachgebärden können auch im Schul- und Berufsschulbereich sinnvoll genutzt werden. Es wird also umfassend die Kommunikation in naturwissenschaftlichen Fächern verbessert.

In diesem Lexikon Sign2MINT kann für ein deutsches Wort die zugehörige Gebärde gesucht werden, es geht aber auch andersrum als sogenannte Gebärdensuche. Es kann also auf Basis besonderer Technologie und des Einsatzes der Gebärdenschrift auch für eine unbekannte Gebärde das zugehörige deutsche Wort gefunden werden.

Entwickelt wurde Sign2MINT 2019 – 2022 in einer Kooperation des Max-Planck-Instituts Halle und des Hamburger Softwarehauses Workplace Solutions WPS GmbH. Gefördert wurde dieses Projekt vom Ausgleichsfonds beim BMAS und der Max-Planck-Förderstiftung. Der Ausgleichsfonds nach § 161 SGB IX setzt zweckgebunden für die berufliche Teilhabe schwerbehinderter Menschen Mittel der Ausgleichsabgabe ein, die diejenigen Arbeitgeber zahlen müssen, die ihre schwerbehindertenrechtliche Beschäftigungspflicht nicht oder nicht voll erfüllen.

Was ist für die Zukunft geplant?

Das laufende Projekt des Ausgleichsfonds wird bis 2025 vor allem digitale Fachgebärdenlexika für Arbeit und Berufsbildung deutlich weiter ausbauen1. Hinzukommen Informations- und Weiterbildungsangebote.

Sign4all – also ein digitales berufliches Fachgebärdenlexikon für alle – soll ausgewählte Berufsfelder der Luftfahrtindustrie, der Drucktechnologie und weitere Berufsbereiche mit Fachgebärden unterstützen. Erste Veröffentlichungen stehen bereits unmittelbar in den Monaten April und Mai 2023 an.

Für viele Berufe wichtig: Die Fachbegriffe der IT-Tätigkeiten werden weiter speziell aufbereitet. Die Arbeiten sind bereits weit fortgeschritten: Über 600 Fachgebärden aus dem Bereich Informatik des Lexikons Sign2MINT können mit geringer Bearbeitung übernommen werden – weitere Fachgebärden werden laufend gesammelt und veröffentlicht werden. Wir prüfen derzeit auch Kooperationsmöglichkeiten mit den Erasmus Projekt „EU Digital Framework For Sign Languages“, das in Internationaler Gebärdensprache 500 Begriffe mit Fachgebärden zu den Bereichen IT und Digitales bereitstellt.

Für Zielgruppen des Projekts werden ab spätestens Mai 2023 spezielle Einweisungskurse in die Nutzung der Fachgebärdenlexika möglich sein, die unser Projektpartner Fortbildungsakademie der Wirtschaft (FAW) anbietet. Spezielles Fachgebärdenvokabular kann auch als Inhouse-Veranstaltung oder digital für Betriebe oder Ausbildungsstätten vorgestellt werden.

Die Sammlung der Fachgebärden erfolgt vorzugsweise mit Partner:innen aus der Industrie – so besteht unter anderem ein Kooperationsvertrag mit Airbus Hamburg seit September 2022.

Das Projekt wird am 17./18. Oktober 2023 eine Fachtagung Digitale Unterstützung gehörloser Menschen in Fulda durchführen.

1 DER JEWEILS AKTUELLE ARBEITS- UND PLANUNGSSATND DIESES PROJEKTES AGF.00.00001.20 „DIGITALE UNTERSTÜTZUNG DER BERUFLICHEN EINGLIEDERUNG GEHÖRLOSER MENSCHEN “WIRD FORTLAUFEND AUF DER PROJEKTHOMEPAGE VERÖFFENTLICHT: HTTPS://DIGITALE-UNTERSTUETZUNG-GEHOERLOSER-MENSCHEN.DE

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