Diese Frage treibt aktuell fast jeden um: Mit welcher Strategie kann man auch in Krisenzeiten das eigene Vermögen langfristig aufbauen und absichern? Unser Interviewpartner Kay-Peter Tönnes, Gründer und Geschäftsführer der Antecedo Asset Management GmbH, beantwortet sie.
Das Gefährliche am Risiko ist nicht das Risiko selbst, sondern wie man mit ihm umgeht.
Felix Gerg, deutscher Ökonom und Wirtschaftsjurist
Kay-Peter Tönnes
Gründer und Geschäftsführer der Antecedo Asset Management GmbH
Wie schätzen Sie die aktuelle Entwicklung an den Aktienmärkten ein?
Wir sehen derzeit einen leichten Aufwärtstrend. Wenn die erwarteten Zinssenkungen kommen, sieht es für die Aktienmärkte nicht schlecht aus. Das Problem an der heutigen Situation ist, dass sehr viel außerhalb der Märkte passiert. Der Konflikt im Mittleren Osten, der Krieg in Europa, die im nächsten Jahr anstehende Wahl in den USA, die richtungsweisend sein wird und auch in China haben wir eine sehr komplexe Situation. Es kann sich sehr schnell etwas entwickeln, das die Märkte massiv in Mitleidenschaft zieht. Das heißt: die Finanzmarkt-Daten sehen gut aus. Aber die Risiken ringsum sind enorm.
Ist jetzt ein guter Zeitpunkt zum Einstieg?
Grundsätzlich sieht es nicht nach einem falschen Zeitpunkt aus. Aber die Ereignisse der letzten Monate werden uns auch im nächsten Jahr begleiten. Kommen die Zinssenkungen so stark, wie wir sie erwarten, wie entwickelt sich dann die Inflation? Kursverluste von 10 Prozent sind schnell erreicht. Dass wir einen geradlinigen Aufschwung erleben werden, halte ich aktuell für schwer vorstellbar und dass es günstigere Zeitpunkte geben könnte als jetzt, kann ich zumindest nicht ausschließen. Wollte ich selbst derzeit in Aktien einsteigen, würde ich einen Teil investieren und im ZweimonatsRhythmus nachlegen. Immer dann, wenn sich eine Chance bietet.
Welche Vorteile bieten abgesicherte Aktienfonds?
Den größten Vorteil verrät bereits der Name – sie sind abgesichert. Über die aktuellen Risiken haben wir gesprochen. Gerät bspw. China in eine Krise, kann sich dies auch zu einer Kreditkrise in unseren Breiten ausweiten, bei der ggf. auch Banken gerettet werden müssen. Wenn so etwas passiert, können die Aktienmärkte nicht nur 10 Prozent, sondern durchaus 30 oder 40 Prozent fallen. Die Absicherung verhindert, dass man davon betroffen ist.
Sind abgesicherte Fonds für jeden zu empfehlen?
Man sollte sich überlegen, ob man das Aktienmarkt-Risiko langfristig tragen kann und will. In den letzten Jahrzehnten haben wir immer wieder erlebt, dass die Notenbanken bei einem Aktienmarkteinbruch so reagierten, dass sich die Lage ein, zwei Jahre später wieder stabilisiert hatte. Das muss aber nicht so sein. Anfang dieses Jahrtausends hatten wir drei große Einschläge. Innerhalb von zehn Jahren waren vier Aktienjahre negativ, eins folgte auf das andere. Da braucht man einen langen Atem. Sich darauf zu verlassen, dass die Notenbanken kurzfristig alles richten können – dafür sind die Risiken zu hoch. Der Sinn eines abgesicherten Aktienfonds ist es, mit seiner Anlagestrategie auch über solche Zeiten zu kommen und nicht gezwungen zu sein oder aus Panik heraus alles zu verkaufen, denn das ist meist die schlechteste Lösung.
Wie sichert man Aktienfonds ab?
Es gibt unterschiedliche Methoden. Ich skizziere hier, was wir bei Antecedo machen. Es läuft darauf hinaus, dass man eine Versicherung einkauft. Ich erwerbe das Recht, die Put-Option auszuüben – meine Aktien zu einem vorher festgelegten Preis zu verkaufen. Das heißt, ich verkaufe sie nicht wirklich, sondern bekomme die Differenz vom anderen zurück. Es ist eine Versicherung, für die, wie bei anderen Versicherungen auch, eine Gebühr anfällt. Versicherungen am Finanzmarkt haben unterschiedliche Laufzeiten und unterschiedliche Preise
Ich kaufe also eine Versicherung und verkaufe auf der anderen Seite Kurschancen nach oben. Wir haben Modelle entwickelt, mit denen wir nur wenige Kurschancen nach oben verkaufen müssen, nach unten aber gut abgesichert sind. In unserem bekanntesten Fonds, dem Defensive Growth, sind es ca. minus 10 Prozent. Das ist ungefähr das Maximum, was man im Jahr verlieren kann. Nach oben hat man zu ca. 70 Prozent an Kursgewinnen teil, wenn der Fonds mit minus 10 Prozent ins Jahr startet. Langfristig gesehen fährt man mit dieser Strategie sehr gut.
Was unterscheidet ihren Ansatz von anderen Anlagelösungen?
Viele andere reagieren auf Signale. Sie verkaufen, wenn der Markt nach unten geht und kaufen, wenn sie den Markt nach oben gehen sehen. Man spart so die Versicherungsprämie, es ist der sehr viel häufiger vorkommende Ansatz. Aus meiner über 30-jährigen Erfahrung ist der langfristige Erfolg hier jedoch eher zweifelhaft. Ich kenne sehr viele Fälle, in denen diese Methode nicht gut funktioniert hat. Mit unseren abgesicherten Fonds notieren wir seit September 2019 über 90 Prozent Zugewinn, ungefähr dort, wo der ungesicherte Nasdaq-100 auch notiert. Unsere Anleger mussten sich in der Zwischenzeit aber keine Gedanken um Verluste machen.
Wie kann Ihr Fondskonzept von Abwärtsphasen am Aktienmarkt profitieren?
Es kann nicht nur, es soll sogar. Der Grund liegt in der Asymmetrie. Unser Konzept ist so aufgesetzt, dass man in den Einbruchphasen so wenig verliert, dass es den Verlust bei einer Gegenbewegung mehr als ausgleichen kann. In volatilen Märkten ist das sehr vorteilhaft. Das haben wir auch beim Defensive Growth gesehen, der im Augenblick nicht weit hinter dem Index zurück liegt und zeitweilig, bis vor ein paar Wochen, sogar vor dem Index lag. In der nächsten Einbruchphase wird unser Fonds wieder vorne liegen. Genau das zeichnet ein gutes Absicherungskonzept aus: es verliert langfristig kaum an Performance und glättet die guten und schlechten Jahre.
Sind Ihre Fonds auch Privatanlegern zugänglich?
Ja, das sind sie. Ich habe meine eigenen Fonds selbst gekauft, meine Frau und meine Kinder auch. Wir sind ein institutionelles, kleines Haus und haben nicht die Vertriebsmöglichkeiten, im großen Stil Privatanleger anzusprechen. Aber alle unsere Strategien gibt es auch als Publikumsfonds. Defensive Growth oder Independent, die ältesten, sollte man bei jeder Bank kaufen können. Wer das ausprobieren möchte, kann auch mit kleinen Beträgen starten. Ich habe Freunde, die 25 bis 50 Prozent ihres Vermögens allein in Defensive Growth investiert haben. Ich selbst habe alles in meinen eigenen Fonds.
Antecedo Defensive Growth
(ISIN: DE000A0RAD42) investiert in die Aktien des US-Technologieindex Nasdaq-100, der langfristig ein höheres Ertragspotenzial verspricht als klassische Indizes. Durch die Absicherung können Anleger in schlechten Jahren ihr Portfolio vor großen Verlusten schützen, egal, wie tief der zugrunde liegende Aktienmarkt fällt. Dabei erzielen Anleger mit dem Fonds in guten Aktienjahren etwas weniger Rendite wie mit einem IndexInvestment. In längeren Zeiträumen mit mehreren Rückgängen am Aktienmarkt kann der Fonds auch genau so gut oder besser als ein Indexinvestment sein.