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Erfahrungsgemäß tun wir uns schwer damit, die Wirkung neuer Technologien einzuschätzen. Nicht selten folgt auf eine Phase der Euphorie und hoher Erwartungen das Gegenteil: das Unterschätzen der enormen Veränderungen, die die neuen Technologien mit sich bringen. Die alten Industrien hoffen, sich doch noch irgendwie in die neue Welt zu retten. Eine Erwartung, die in den seltensten Fällen in Erfüllung geht. 

Dr. Daniel Stelter, Makroökonom und Strategieberater

Gründer von beyond the obvious – das Forum zur Wirtschafts- und Finanzlage, Foto: Robert Recker/Berlin

So dürfte es auch der Finanzdienstleistungsbranche ergehen. Bis jetzt haben sich Banken und Versicherer angesichts der digitalen Revolution gut geschlagen und eigene Online-Anbieter etabliert, Vertriebswege und Produktionsprozesse digitalisiert. Dass das bisher so gut lief, lag auch an der Trägheit der Kunden, die nur selten die Bank oder den Versicherer wechseln. Digitale Vermögensverwalter, Versicherungsmakler und Finanzdienstleister aller Art haben Achtungserfolge erzielt, spielen aber in den meisten Märkten bisher keine entscheidende Rolle. Also Entwarnung für die Etablierten? Nein!

In einer Welt mit immer mehr Daten und immer größerer Rechnerkapazität ändert sich das Spiel. Früheres Exklusivwissen ist nicht mehr exklusiv. Wissen, was früher nicht verfügbar war, wird heute transparent und nutzbar. Damit steht die Branche vor einem Umbau, vergleichbar mit dem Wandel im Einzelhandel und der Automobilindustrie. Eintrittsbarrieren, die einst existierten, wirken nicht mehr – und wenn, dann eher als Hemmnis für die dringend nötige Veränderung. Die Angreifer ohne Ballast agieren schneller und aggressiver.

Genau diese Phase steht den Finanzdienstleistungen bevor. Die großen Datensammelstellen von Amazon bis Google und Facebook wissen schon heute mehr über unsere Kreditwürdigkeit als die meisten Banken. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie mit diesem Wissen die Finanzmärkte erobern. Digitale Währungen, mobile Banken, kostengünstige und transparente Instrumente und Plattformen zur Kapitalanlage – eine völlig neue Welt entsteht. Chance für innovative Anbieter, existenzielle Bedrohung für die Etablierten. Millionen von Arbeitsplätzen werden in den kommenden Jahren im Finanzwesen verschwinden. In anderen Bereichen entstehen Berufe, von denen wir heute nicht einmal ahnen, dass es sie geben wird. 

Hervorragende Aussichten für Kunden: Geringere Gebühren, mehr Transparenz und Zugang zu Anlageformen, die bisher nur Profis vorbehalten waren, eröffnen die Möglichkeit, die Rendite zu steigern. Höchst willkommen im Umfeld tiefer Zinsen und drohender Inflation. Doch mit den neuen Möglichkeiten wächst umgekehrt die Verpflichtung, sich zum mündigen Anleger zu entwickeln. Denn auch die neuen Anbieter wollen Geld verdienen, und sei es auf indirekte Weise. So beispielsweise die Handelsplattform Robin Hood, die es für ihre vorgeblich unentgeltlichen Dienstleistungen großen Hedgefonds ermöglicht, vor den eigenen Kunden zu kaufen. 

Die Revolution des Finanzwesens ist so für Anbieter wie Kunden Risiko und Chance zugleich. Für Kunden überwiegt die Chance eindeutig. Ergreifen wir sie! 

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