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RISIKOMANAGEMENT

Lehren aus der Krise

Foto: Viacheslav Lopatin via Shutterstock

Das letzte große Wachrütteln der Unternehmen und insbesondere der Finanz- bzw. Treasury-Abteilungen durch die Finanzkrise 2008 war längst in Vergessenheit geraten, als im März 2020 für die globale Wirtschaft, viele Branchen und Unternehmen ein neuer Stresstest zur Realität wurde. Ein wirtschaftlicher Slowdown war zwar in Aussicht, Umsatzeinbrüche und Produktionsausfälle bis zu einer nahezu totalen Stilllegung ganzer Sektoren der Weltwirtschaft waren allerding nicht zu erwarten und brachten zahlreiche Unternehmen schnell in finanzielle Bedrängnis. Das besondere Element dieser Krise ist die Reichweite der Unsicherheit. Selbst die globale Wertschöpfungskette, lange Zeit als erfolgskritisch angesehen, steht im Risiko.

Carsten Linker

Mitglied des Vorstands, Verband Deutscher Treasurer e. V. und Head of Treasury, Pfleiderer Group

Insbesondere in Krisenzeiten nimmt das Treasury, zu dessen ureigenen Aufgaben das Management der Liquidität und die Bewertung der Finanzrisiken gehören, eine tragende und maßgebliche Rolle in Entscheidungsprozessen von Unternehmen ein. Der Finanzverantwortliche, der die letzten Jahre als Lehrjahre nutzte, um seinen Finanzbereich (insbesondere die Liquiditätsplanung und Finanzierungsbasis) strukturell und technisch aufzurüsten, steht daher aktuell am besten da.

Was ändert sich durch das Schalten in den Krisenmodus für Finanzentscheider, wenn das übliche Vorgehen, eine (Liquiditäts-)Planung aus Vergangenheitsdaten abzuleiten, scheitert und Prämissen für die Zukunft sich niemand aufzustellen traut? So liest man in diesen Tagen viele Veröffentlichungen von CFOs, die kommentieren, dass sie sich derzeit keine Prognose für das Unternehmen zutrauen und den Ausblick für 2020 zurücknehmen. Erste Erkenntnis: Die Bedeutung einer Szenarioplanung für die teils überlebensnotwenige Liquidität ist wichtiger, als sich weiterhin auf die ursprünglichen Planungsannahmen für 2020 zu verlassen. Zur gleichen Zeit haben Maßnahmen zur Optimierung und Zentralisierung aller Mittel im Unternehmen, wie beispielsweise Cash Pooling, Forderungsverkauf und Working Capital Management, allererste Priorität, während die Anspannung im Verhältnis zu den Kreditgebern steigt, da diese in ihren Modellen die Ausfallwahrscheinlichkeiten erhöhen und den Finanzierungsspielraum möglicherweise einengen.

Diese Krise zeigt die elementare Bedeutung von „zentralem“ Handeln bei der Erfüllung der Treasury-Aufgaben. „Zentral“, da das Management der Unternehmensliquidität aus einer Hand die beste Kontrolle bietet. Wer bereits Liquiditätsströme durch Cash Pools aufgebaut hat und Tochtergesellschaften im Ausland bezüglich der zur Verfügung stehenden Mittel steuert, hat erkennbare Vorteile durch höhere Transparenz und schnellen Zugriff. „Zentral“ auch aus Sicht der verschiedenen Konzernfunktionen: Ein Ausbau der Treasury-Funktion bei den End-to-End-Prozessen rund um die Liquidität mit engen Beziehungen zum Sales-, Controlling- und Buchhaltungsteam helfen die Einflussfaktoren auf die Liquidität wie Zahlungskonditionen, Ausfallrisiken oder Kreditversicherung optimaler zu steuern.

In diesem Zusammenhang ist der Faktor „Kommunikation“ im Finanzrisikomanagement entscheidend. Durch die Bedeutung und teils Abhängigkeit von externen Dritten, wie Finanzierungspartnern, aber auch Kreditversicherern empfiehlt es sich, das Vertrauen zu diesen Parteien durch ein gutes Kommunikationskonzept aufrechtzuerhalten oder zu stärken. Zusätzlichen Abschlägen bei den Kreditgebern als auch Ratingabstufungen können durch einen engen und regelmäßigen Austausch, über die aktuelle Beeinträchtigung des Grundgeschäftes, aber auch der Liquiditätsentwicklung, entgegengewirkt werden.

Die Prognosen der Zukunft bleiben ein Blick in die Glaskugel. Die Abhängigkeit vom nicht steuerbaren Faktor der Corona-Krise bringt weiterhin Unsicherheit. Die frühzeitige Beschäftigung mit unterschiedlichen Handlungsalternativen ist ratsam und verhindert das Verharren in einer Starre.

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