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RISIKOMANAGEMENT

Risiko Forderungsausfall

Foto: chainarong06 via Shutterstock

„Inkasso heißt Verantwortung“ – Kirsten Pedd, Präsidentin des Bundesverbandes Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V. (BDIU), spricht im Interview u.a. über die möglichen wirtschaftlichen Folgen eines neuen Gesetzesentwurfs zum Verbraucherschutz.

Kirsten Pedd

Präsidentin des Bundesverbandes Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V.

Frau Pedd, die aktuelle Situation zeigt, wie sehr Unternehmen in Krisenzeiten auf kurzfristige Liquidität angewiesen sind. Welche Rolle spielt das Inkasso für ein funktionierendes Wirtschaftssystem?

Ohne Inkasso läuft es in der Wirtschaft einfach nicht rund. Voriges Jahr waren es rund 6 Milliarden Euro, die die Mitgliedsunternehmen des BDIU ihren Aufraggebern wieder zurückgeführt haben – und die sie sonst verloren hätten. Natürlich wächst jetzt in der Krise die Bedeutung eines nachhaltigen Forderungsmanagements enorm. Es geht darum, Liquidität zu sichern und wirtschaftliche Existenzen zu stabilisieren. 

Laut Ihrer Umfrage im Mai wirkt sich die Pandemie negativ auf die Zahlungsmoral aus. Wie lange glauben Sie, wird dieser Trend sich fortführen?

Nun, wie in so vielen Bereichen, ist das auch in diesem Zusammenhang schwer zu beantworten, denn das hängt auch vom weiteren Infektionsgeschehen ab, aber wir haben gesehen, dass Kurzarbeit und Einnahmeverluste die Zahlungsmoral bereits zu Beginn der Coronapandemie deutlich gedrückt haben. Vor allem Branchen, die durch den Lockdown massiv beeinträchtigt waren, waren in der ersten Phase betroffen – beispielsweise Hotels, Gaststätten und Sportbetriebe. Es wird sicherlich noch viel mehr notleidende Forderungen geben, die erst allmählich bei unseren Mitgliedsunternehmen eintreffen. In der Regel vergeht mindestens ein Vierteljahr, bis eine zahlungsgestörte Forderung ins Inkasso gelangt. Unsere Einschätzung ist, dass wir vermutlich leider erst am Anfang einer längerfristigen Eintrübung stehen.


Was raten Sie Unternehmen, die sich im Rahmen des Risiko- bzw. Krisenmanagements auf finanzielle Einbrüche vorbereiten wollen?

Forderungsmanagement sichert die unternehmerische Existenz. Es ist essenziell, damit nicht erst anzufangen, wenn eine Forderung notleidend wird, sondern die Aufgabe als ganzheitlichen Prozess zu verstehen, der den kompletten Kundenlebenszyklus begleitet – von der Akquise über die Auftragsannahme bis hin zum Mahnwesen. Für diese anspruchsvolle Herausforderung sollten sich Unternehmen auf jeden Fall Hilfe durch versierte Dienstleister suchen. Inkassounternehmen verstehen sich als Partner der Wirtschaft, die diesen Prozess professionell begleiten, und zwar langfristig.

Welche zusätzlichen Leistungen können Inkassounternehmen für die Liquiditätssicherung Ihrer Kunden anbieten?

Wie gesagt: als Partner der Wirtschaft stehen wir unterstützend an der Seite der Unternehmen, und das nicht erst, wenn die Forderung nicht beglichen wurde. Wir können bei der Auswahl risikooptimierter Paymentvarianten helfen sowie im oft sehr komplexen Bereich des Debitorenmanagements. Adressrecherchen bei unauffindbaren Kunden und Bonitätsprüfungen sind in dem Zusammenhang Selbstverständlichkeiten. Ist eine Forderung dann überfällig, können Inkassounternehmen mittels Treuhandinkasso oder im Wege des Forderungskaufs helfen. Letztlich sind Inkassodienstleister juristisch geschulte und kaufmännisch erfahrene Unternehmensberater, die ihren Auftraggebern stets die nötige Liquidität zu sichern helfen. 

Das Bundeskabinett hat im April einen Gesetzesentwurf zum Verbraucherschutz im Inkassorecht beschlossen. Was beinhaltet dieses zusammengefasst und müssen Unternehmen in Zukunft mit einem höheren Forderungsausfall rechnen?

Das Gesetz beinhaltet zunächst mal einige Dinge nicht, die aber zwingend in eine solche Regulierung gehört hätten. Wir vermissen Verbesserungen für eine durchsetzungsstarke und zentralisierte Aufsicht – denn die braucht es, um Wirtschaft und Verbraucher nachhaltig vor unseriösem Inkasso zu schützen. Hier bleibt das Gesetz weit hinter den von der Politik geweckten Erwartungen zurück. Auch der BDIU weist schon seit Jahren auf diesen Missstand hin. Die im Gesetzentwurf geplanten Kostenreduzierungen werden nicht nur den wirtschaftlichen Druck auf die seriösen Inkassodienstleister erhöhen, sondern insbesondere auch den Mittelstand treffen, weil sich der Forderungseinzug gerade von kleineren Forderungen kaum noch lohnen wird, sollte das so Bestand haben. Aber auch diese berechtigten Forderungen werden von den Unternehmen dringend gebraucht, gerade jetzt! Und sie stehen ihnen ja auch zu, weil sie in Vorleistung getreten sind, entweder mit einer Lieferung oder Dienstleistung, je nachdem, welches Geschäft zugrunde liegt. Wir hoffen, dass der Gesetzgeber das noch erkennen wird. Wie auch immer: Wir werden auch weiterhin für mehr als eine halbe Million Unternehmen aus allen Branchen tätig sein und sie vor Forderungsverlusten schützen. Das ist eine Selbstverpflichtung, die sich bereits aus dem Motto meines Verbands ableitet: Inkasso heißt Verantwortung.

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Weitere Informationen finden Sie unter www.inkasso.de

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