Die HR Data Dudes zeigen auf, wie Künstliche Intelligenz und Data Analytics nicht nur helfen können, bessere Talente zu finden, sondern auch bestehende Mitarbeitende gezielt weiterzuentwickeln und das Recruiting grundlegend verändern.

Foto: Janina Lazslo

Tim „Mr. HR Data Dude“ Verhoeven
Recruiting Nerd und Dozent, HR Data Dudes
linkedin.com/tim-verhoeven
Foto: Simon Thon
Können Sie uns einen Einblick geben, wie datengetriebene Prozesse Unternehmen helfen, die richtigen Talente effizienter zu finden?
Datenbasiertes Recruiting nutzt Analysen, um Prozesse transparenter zu machen und Entscheidungen im Team zu verbessern. KI-basiertes Recruiting geht weiter. Es automatisiert und optimiert aktiv einzelne Schritte, etwa durch Matching-Algorithmen oder Chatbots. Beide Ansätze treffen sich bei der Vorhersage. Prädiktive Analysen bilden die Grundlage vieler KI-Systeme. Ein Beispiel: Recruiting-Analytics könnte mir zeigen, an welcher Stelle im Recruitingprozess ich passende Kandidat*innen verliere. Ein KI-Chatbot könnte dann versuchen die Kandidat*innen genau an der Stelle vom Abwandern abzuhalten. KI kann aber auch ganz einfach verwendet werden, um die Terminfindung zwischen allen beteiligten Parteien zu beschleunigen, falls das der Grund für den Absprung der Kandidat*innen ist.
Welche Anwendungen sehen Sie aktuell als besonders vielversprechend und wo lauern mögliche Fallstricke?
Themen wie Matching-Algorithmen, Culture-Fit-Analysen, personalisierte Ansprache und prädiktive Analysen sind derzeit besonders spannend. Doch Vorsicht: Viele Systeme übernehmen unbewusst Vorurteile aus alten Daten. Das kann zu Diskriminierung führen und wäre ein Verstoß gegen das AGG. Unternehmen brauchen deshalb Transparenz, Bias-Checks und menschliche Kontrolle. Die neue EU KI-Verordnung macht solche Vorgaben bald verpflichtend. Regulativen Rahmenbedingungen zu entsprechen, ist absolut notwendig.
Der saubere Aufsatz der Recruitingprozesse und Datenflüsse aus den verwendeten RecruitingTools ist ebenfalls sehr wichtig. Was regulativ und prozesstechnisch verpasst wird, kann keine tolle Analyse oder cooles KI-Tool glattbügeln.
Wie können Unternehmen sicherstellen, dass Algorithmen keine unbewussten Vorurteile verstärken und die Auswahlprozesse wirklich fair bleiben?
Entscheidend sind drei Dinge: Erstens, saubere und diverse Daten. Zweitens, regelmäßige Bias-Analysen und Audits. Drittens, nachvollziehbare Entscheidungen statt Black Box. Die neue EU KI-Verordnung bedeutet strenge Prüfpflichten, Dokumentation und Transparenz gegenüber Bewerbenden. Nur so lassen sich Verstöße bestmöglich vermeiden und Vertrauen schaffen.
Wie können Unternehmen ihre HR-Daten sinnvoll nutzen, um langfristige Mitarbeitendenbindung zu fördern?
Mit Analytics lassen sich individuelle Lernbedarfe erkennen und passende Maßnahmen vorschlagen. Auch Skill-Gaps in Teams werden früh sichtbar. Ein Beispiel: Mitarbeitende hinterlegen ihre Karriereziele, bisherigen Lerninhalte und Projektbeteiligungen.
Eine KI analysiert diese Daten und schlägt personalisierte Lernpfade vor; zum Beispiel für eine Führungsrolle oder den Wechsel in ein neues Fachgebiet. So entsteht Weiterbildung on demand, zugeschnitten auf Stärken, Ziele und Unternehmensbedarf. Das erhöht Motivation und Relevanz zugleich. Zudem wissen wir aus wissenschaftlichen Studien, dass Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten ein starker Treiber für die Bindung sind.
Welche Trends und Innovationen sollten Unternehmen jetzt schon für die Zukunft im Blick haben, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben?
KI im Recruiting wird zukünftig durch die spannenden Entwicklungen rund um Multi-Agenten-Systeme geprägt sein. Zudem werden Kandidat*innen zunehmend KI verwenden. Auch eine neue Form der Suchmaschinen- Optimierung für KI-Modelle (Generative Engine Optimization oder GEO genannt) sollte für zukunftsorientierte Recruiting- profis kein Fremdwort sein. Unternehmen sollten verstehen, was hier passiert, müssen aber noch nicht in die Um- setzung gehen.
Unsere Empfehlung: Fokus auf KI- Anwendungen mit hohem Business-Impact und geringem regulatorischen Risiko. Der erste Schritt ist ein strukturiertes Assessment aller geplanten Use Cases im Unternehmen und eine klare Analyse der aktuellen Daten- und Prozessqualität. Also Basics, die wichtig sind, bevor man den nächsten Schritt gehen sollte.
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