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THE FUTURE OF WORK

Psychologisches Empowerment in der modernen Arbeitswelt.

Foto: HRpepper Management Consultants

Im nachfolgenden Interview haben wir das Vergnügen, Prof. Dr. Carsten C. Schermuly zu Wort kommen zu lassen, einen renommierten Experten und Professor für Wirtschaftspsychologie an der SRH Berlin. Seine Forschung und Expertise spielen eine wesentliche Rolle bei der Gestaltung und dem Verständnis der modernen Arbeitswelt und der Bedeutung des psychologischen Empowerments.

Prof. Dr. Carsten Schermuly

Professor für Wirtschaftspsychologie und Direktor des Instituts for New Work and Coaching an der SRH Berlin University of Applied Sciences

Psychologisches Empowerment umfasst vier wesentliche Dimensionen: Das Erleben von Sinnhaftigkeit, die Autonomie bei der Arbeit, das Gefühl der eigenen Kompetenz und die Wahrnehmung von Einfluss.

Wie würden Sie den Begriff „New Work“ definieren und warum ist er heute so relevant?

Der Begriff „New Work“ wurde bereits in den 1970er und 1980er Jahren von Prof. Dr. Frithjof Bergmann geprägt und hat somit eine lange Historie. Er betont die Idee, dass Arbeit eine Quelle der Stärkung für Menschen sein sollte. Wir hier an der SRH interpretieren diesen Begriff im Kontext unserer Tätigkeit als Psychologen. Für uns umfassen New Work-Maßnahmen Interventionen, die das psychologische Empowerment von Mitarbeitern fördern. Dabei konzentrieren wir uns auf vier Schlüsseldimensionen: Sinnhaftigkeit, Kompetenz, Einfluss und Selbstbestimmung. Diese vier Aspekte bilden die Grundlage für unser Verständnis von New Work. Angesichts des demografischen Wandels, der Digitalisierung, der Globalisierung und des Klimawandels verändern sich die Rahmenbedingungen der Arbeitswelt in rasantem Tempo und führen zu einer verstärkten Unsicherheit in unserer Welt. Diese Situation trifft oft auf traditionelle Unternehmensstrukturen zu, die versuchen, darauf zu reagieren. Um in dieser dynamischen Umgebung ein effizientes und optimales Arbeitsumfeld zu schaffen, bedarf es gezielter Maßnahmen und Anpassungen, die das psychologische Empowerment in der Organisation stärken.

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Welche neuen Fähigkeiten und Kompetenzen werden in der zukünftigen Arbeitswelt besonders gefragt sein?

Diese Frage kann anhand einer unserer Studien beantwortet werden. In Kooperation mit verschiedenen Partnern führen wir an der SRH jährlich das New Work Barometer durch, bei dem wir Daten von 600 Unternehmen erheben. Dabei setzen wir jedes Jahr einen neuen Schwerpunkt, und in diesem Jahr haben wir uns auf das Thema „Kompetenzen in New Work“ fokussiert. Die Ergebnisse waren äußerst aufschlussreich, insbesondere im Bezug auf die „selbstbezogenen Kompetenzen“, die als besonders bedeutsam herausgestellt wurden. Über 70% der Teilnehmer gaben an, dass Eigenverantwortung für sie von herausragender Wichtigkeit ist. Auf dem zweiten Platz stand die Kompetenz der Lernbereitschaft, gefolgt von der Veränderungsfähigkeit und der Selbstreflexion. Belastbarkeit und Durchsetzungsfähigkeit, die man heute noch in vielen Stellenausschreibungen findet, wurden nur selten ausgewählt.

Welche davon müssen Führungskräfte besitzen und ausstrahlen, um die Transformation zu New Work zu meistern?

Ich bin der Überzeugung, dass Führungskräfte zunächst über die oben genannten Fähigkeiten und Kompetenzen selbst verfügen sollten und diese im Unternehmen vorleben sollten. Weiterhin ist von entscheidender Bedeutung, dass sie in der Lage sind, ihre eigenen Ängste zu bewältigen und zu managen, insbesondere in solch dynamischen Umgebungen, in denen der reflexartige Drang, alles unter Kontrolle zu behalten und Mikromanagement zu betreiben, schnell aufkommen kann. In diesem Zusammenhang ist es von zentraler Bedeutung, auch einmal verantwortungsvolle Aufgaben abzugeben und Vertrauen in die Mitarbeiter zu setzen. Darüber hinaus sind Aspekte wie Sinnstiftung, Partizipation und das Vorbildverhalten von entscheidender Bedeutung.

Was ist psychologisches Empowerment und welche Rolle spielt es?

Psychologisches Empowerment umfasst vier wesentliche Dimensionen: Das Erleben von Sinnhaftigkeit, die Autonomie bei der Arbeit, das Gefühl der eigenen Kompetenz und die Wahrnehmung von Einfluss beziehungsweise Macht.

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Die Verbindung dieser vier Facetten schafft ein umfassendes Empowerment-Erlebnis, das sich durch eine Vielzahl positiver Auswirkungen sowohl für Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber auszeichnet. Dieses Konzept wird weltweit intensiv erforscht, und viele empirische Studien belegen, dass es unabhängig von kulturellen Unterschieden zu einer Steigerung der Arbeitszufriedenheit, zur Förderung intrinsischer Motivation und zu proaktivem Verhalten führt.

In einer Studie, die wir in Zusammenarbeit mit dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung durchgeführt haben, stellte sich heraus, dass psychologisches Empowerment sogar einen Einfluss auf den Zeitpunkt des Renteneintritts hat. Über einen mehrjährigen Zeitraum haben wir Menschen begleitet und festgestellt, dass viele von ihnen, selbst nach dem offiziellen Renteneintrittsalter, nach neuen Arbeitsmöglichkeiten suchen, um weiterhin diese Art von Empowerment zu erleben.

Wie können Unternehmen sicherstellen, dass die Umsetzung von „New Work“ langfristig erfolgreich ist und bleibt?

Der Erfolg ist keineswegs garantiert, wenn es darum geht, New Work in Unternehmen zu etablieren. Die Implementierung von New Work kann in Unternehmen auf vielfältige Weisen erfolgen, und daher variieren auch die Ergebnisse. Dennoch gibt es einige Schlüsselaspekte, die maßgeblichen Einfluss auf den Erfolg von New Work haben können. Es ist von großer Bedeutung, dass das Unternehmen klare Ziele setzt und ein inspirierendes Zukunftsbild entwirft, das beispielsweise das Erleben von Empowerment bei den Mitarbeitern einschließt.

Wenn Prozesse schrittweise verändert und verbessert werden, ist es wichtig, dass dies in einem stufenweisen und kontinuierlichen Prozess geschieht, anstatt alles auf einmal zu ändern. Auf diese Weise kann eine nachhaltige und ganzheitliche Verbesserung sichergestellt werden. Es ist entscheidend, die Situation und die Veränderung langfristig zu betrachten und die Zielsetzungen regelmäßig zu überdenken. Dadurch bleibt das Unternehmen flexibel und anpassungsfähig. Es steht außer Frage, dass unsere Umwelt sich ständig verändert, und Unternehmen dürfen nicht stillstehen, sondern müssen auf diese Veränderungen reagieren. Dies erfordert einen kontinuierlichen Prozess, der sich fortlaufend anpasst.

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