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Diversity Management

„Ohne weibliche Vorbilder glauben Frauen, dass sie keine Chance haben.“

 

Dr. Laura Wendt

Managerin Diversity & Inclusion

Foto: Klaudia Taday

 

Was hat Sie motiviert von einer Unternehmensberaterin in den internen Bereich Diversity & Inclusion (Vielfalt und Inklusion) zu wechseln?

Als Neurowissenschaftlerin haben mich schon immer die menschlichen Automatismen fasziniert, die unsere Wahrnehmung und unser Verhalten beeinflussen und steuern. Gleichzeitig war ich betriebswirtschaftlich interessiert und wollte so viele Industrien und Geschäftssegmente wie möglich kennenlernen. Meine zweijährige Arbeit als Unternehmensberaterin war sehr abwechslungs- und lehrreich. In der neuen Rolle kann ich nun diese Erfahrungen und das Wissen als Managerin für Diversity and Inclusion verbinden und bringe es in Firmen und Universitäten ein.

Wie wichtig sind Frauen in Führungspositionen?

Wenn kaum weibliche Vorbilder in einem Unternehmen sichtbar sind, glauben Frauen, dass sie keine Chance haben. Die Folge: Sie bewerben sich nicht oder beenden verfrüht ihre Karrieren. Ebenso nehmen sie an, dass ein höherer Wettbewerb unter den Frauen herrscht, was negative Auswirkungen auf die Arbeitskultur haben kann. Frauen in Führungspositionen ziehen jedoch weibliche Talente magisch an und ermutigen sie allein durch ihre Präsenz die Karriereleiter weiter nach oben zu steigen.

Haben Sie eine Erklärung dafür, warum Frauen es seltener „nach oben“ schaffen?

Könnte in diesem Zusammenhang die Aussage von Simone de Beauvoir tatsächlich stimmen, nämlich dass man nicht als Frau geboren, sondern dazu gemacht wird? Viele Studien zeigen, dass die Ursprünge in der Erziehung und in den gesellschaftlichen Erwartungen liegen.

Zeigen Sie Müttern ein Video von einem Kind, welches herumturnt und sich dabei verletzen könnte und fordern Sie die Mütter auf, das Video anzuhalten und zu sagen, was sie ihrem Kind jeweils sagen würden. Dann stoppen Mütter von Mädchen das Video signifikant häufiger als Mütter von Jungen und sagen Dinge wie: „Achtung!“ oder„Du könntest fallen!“. Mütter von Jungen reagieren eher aufmunternd, wie mit „Gut gemacht! Kannst Du es noch höher schaffen?“ Die Jungen werden also ermutigt und angespornt. Da verwundert es nicht, warum Männer sich später mehr zutrauen.

Mädchen glauben eher, dass Misserfolge aufgrund ihrer angeborenen Unzulänglichkeiten zustande kommen, während Jungen glauben, dass es einfach an den Umständen liegt. Frauen haben öfter Gedanken, wie „Es ist meine Schuld!“, oder „Ich hätte mich mehr anstrengen sollen!“ und versuchen das Leben tunlichst ohne Scheitern
zu meistern.

Jungen wird von Anfang an nahe gebracht, mutig zu sein, Mädchen sollen perfekt sein, damit steigt für sie aber die Angst vorm Scheitern. Dies ist fatal in einer sich schnell verändernden Arbeitswelt, denn Scheitern ist inzwischen Teil einer disruptiven Arbeitskultur. Daher ist es so wichtig Widerstandsfähigkeit (Resilienz)
aufzubauen.

Es gibt einen interessanten Zusammenhang zwischen Wettkampfsport und Frauen in Führungspositionen. In der Vergangenheit hatten 96 Prozent von ihnen Teamsportarten als Hobby. Neben dem Erlernen von Kollaboration, erwirbt man die Erkenntnis, dass Scheitern zum Leben gehört und das nachfolgende Aufstehen zu einem neuen Sieg führen kann!

Was raten Sie Frauen heute?

Ich ermutige jede Frau, Risiken einzugehen. Gerade, wenn Sie glauben, noch nicht perfekt für ein Projekt qualifiziert zu sein. Seien Sie mutig und stufen Sie es als Lernerfahrung ein. Klappt es mal nicht, sind meist komplexe Umstände dafür verantwortlich und kein angeborenes Defizit. Nehmen Sie das Scheitern als Teil des Lebens an und sprechen Sie offen darüber wie mutig Sie waren, es überhaupt zu versuchen.

 

 

Astrid Latzel

Partnerin und Managing Director

 

Sie arbeiten als Unternehmensberaterin mit Beratungsschwerpunkt Private Equity und Industriegüter/ Automotive, können Sie einen Einblick in Ihren täglichen Arbeitsbereich geben?

Als Leiterin des Bereiches Private Equity innerhalb der DACH Region bin ich viel im Austausch mit Private Equity Unternehmen, aber auch den M&A-Abteilungen von Industrieunternehmen. Das bedeutet viel Zeit mit und bei den Klienten, um Akquisitions- und Portfoliostrategien zu erarbeiten, passende Zielunternehmen zu identifizieren und für diese Due Diligences durchzuführen. Nach Abschluss der Akquisitionen führen wir Wertsteigerungsprogramme in den Unternehmen durch. Diese reichen von Strategie über digitale Transformation bis hin zu umfassenden Ergebnisverbesserungsprogrammen.

Haben Sie sich eine bestimmte Eigenschaft angeeignet, die Sie für diese Branche empfehlen und gerne weitergeben möchten?

Nicht angeeignet – das war eigentlich schon immer eine Eigenschaft von mir, die mir geholfen hat: Seien Sie authentisch. Das schafft Vertrauen – und Vertrauen ist die Grundlage für erfolgreiche Geschäftsbeziehungen in der Beratungsbranche. Die Gesprächspartner merken sehr schnell, wenn man über Themen spricht, zu denen man nicht viel zu sagen hat. Es geht darum, die richtigen Experten und die richtige Mischung an Persönlichkeiten zusammenzubringen, um ein Projekt zum Erfolg zu führen.

Welche Aufstiegsmöglichkeiten bietet die Unternehmensberatung für Frauen?

Insgesamt sehr gute. Da wir grundsätzlich keine Begrenzung an Partner-/Partnerinnen-Positionen und damit verbundenen Führungspositionen haben, steht jeder Beraterin der Weg dorthin offen. Die Beraterinnen durchlaufen die verschiedenen Karrierestufen wie auch die männlichen Kollegen. Frauen bringen alle Voraussetzungen für eine erfolgreiche Karriere mit, da sie sehr gut Vertrauen zu den Klienten aufbauen können. Deshalb wünsche ich mir sehr, dass sich zukünftig noch mehr Kolleginnen bis in die Partnerschaft entwickeln. Darüber hinaus ist die Beratungsbranche auch ein sehr gutes Karrieresprungbrett für Führungspositionen in anderen Unternehmen, da die Ausbildung eine sehr breite und die Lernkurve sehr steil ist.

Was sollte Ihrer Meinung nach ein Unternehmen bieten, um langfristig attraktiv zu sein?

Flexibilität: Starre Karrierepfade, festgeschriebene Arbeitszeiten und -orte, vordefinierte Arbeitsinhalte – all das ist kontraproduktiv im Hinblick auf die Attraktivitätsbewertung aus der Perspektive von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Wir dürfen gerade eine der vielleicht spannendsten Weiterentwicklungen in der Arbeitswelt durch die Digitalisierung erleben und mitgestalten, und da haben festgefahrene und vorgefertigte Strukturen und Lösungen keinen Platz.

Genderparität: Wir wissen aus unendlich vielen Studien, dass Teams/Unternehmen mit einem nennenswerten Anteil an Frauen und Männern erfolgreicher sind als „Monokulturen“. Ich kann das aus meiner persönlichen Erfahrung nur unterstreichen. Die Digitalisierung der Arbeitswelt bringt  Herausforderungen mit sich, für deren Bewältigung insbesondere Frauen hervorragend geeignet sind. Auch hier geht es wieder sehr stark um Vertrauensbildung – in das Neue, die Zukunft, die Veränderung.

Was ist Ihre Motivation, morgens aufzustehen?

Für mich ist es hochmotivierend, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als Sparringspartnerin und Mentorin bei ihrer persönlichen Entwicklung zu helfen, ihnen den Rahmen für persönliche und berufliche Entfaltung zu bieten und sie auf ihrem Karriereweg zu begleiten. Es macht wahnsinnig viel Spaß zu sehen, wie sie an den Aufgaben wachsen, Vertrauen zu sich selbst gewinnen, noch mutiger werden, Spaß an ihrer Arbeit haben und doch immer hungrig auf Neues bleiben.

Erfahren Sie mehr auf www.atkearney.de/karriere/women.

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